Judith Neunhäuserer und Federico Delfrati

A bar at the end of the universe

10.09.2021 – 14.11.2021

Die Bar am Ende des Universums präsentiert neun Videos, die einen prä-apokalyptischen Vorbereitungskurs zeigen. Jede Sitzung besteht aus einem Vortrag, einem Interview oder einer Gesprächsrunde mit geladenen Gästen in einem jeweils spezifischen Setting: Artefakte wie in einem postapokalyptischen Vergnügungspark, Plastikmüll zu Sputnik geschmolzen und ein aus dem Weltall gestürzter Cybertruck. Ein ägyptisches Solarium trifft auf den Sitzsack in Bärtierchenform mit Reflektoroberfläche, Eisbohrkernimitate sind neben einer thermischen Equilibriums-Maschine platziert und an der Wand hängen Poster von okkulten Molekülstrukturen, Ötzi und anderen Hominiden. Simulierte archäologische Fundstücke aus Bronze zeigen das Ende unserer Gegenwart an, während Schallabsorbtionspanele in Form von Kontinentalkonstellationen zu den Zeitpunkten der fünf umfassendsten Massensterben die aktuelle Situation im größeren Rahmen der gesamten Erdgeschichte verorten.
In dieser Szenerie findet der prä-apokalyptische Vorbereitungskurs statt, denn Terras Ende ist nicht gleich dem Ende des Universums. Die neun Videos vereinen unterschiedliche Denkstile und Symbolsysteme und führen das Publikum über das Ende hinaus.
Der Titel des Projekts verschiebt dessen Perspektive an einen so weit entfernten Beobachtungspunkt, dass eine interdisziplinäre Collage entstehen kann. Persönlichkeiten, Erfahrungen und Kompetenzen von Objekten und Gästen interagieren in ihren unterschiedlichen Imaginationspotentialen und Wissensformen miteinander. Von akademischen Blickwinkeln bis zu ästhetischen Erlebnissen, vom rein Theoretischen bis zum streng Physikalischen lassen alle Standpunkte ihr Modell von der Welt und für die Welt auftreten. Jeder Gast sitzt schließlich in einer Bar und erzählt seine Version vom Ende des Universums.
Die Astrophysikerin Dr. Christine Gruber erklärt mögliche Todesszenarien des Kosmos, der Pantomime Walter „Luigi” Burgmeier übersetzt ihr Referat in Gesten.
Der Kunsthistoriker Dr. Thomas Rainer, der Religionswissenschaftler Dr. Baldassare Scolari und die Juristin Dr. Cornelia Mittendorfer reinszenieren den Endkampf im Kickerturnier und bedenken Gerechtigkeit am Ende der Zeit.
Die Glaziologin Dr. Lindsay Nicholson stellt – begleitet vom Knacken des Lagerfeuers – drei Prognosen der Gletscherschmelze und entsprechende Schlüsselstellen der klimatischen Entwicklung des Planeten vor.
Unterschiedliche filmische Darstellungen vom Untergang unserer Spezies und entsprechende Lösungsansätze diskutieren die Schauspieler*innen Almuth Kohnle, Conrad Ahrens, Paul Wellenhof, Klara Finck und Maditha Dolle in den Rollen der Schauspieler*innen des zeitgenössischen Science- Fiction-Blockbusters „Interstellar“ und des Art-House-Klassikers „Melancholia“. Zu Gast sind sie bei „The resilient night show“ von Victoria Wald.
Vor der Bar parkt ein Cybertruck im Regen. Der Luftfahrttechniker Tommaso Castelletti spricht aus dem Autoradio der Philosophin Anna Schwietering, die einer Kreuzung aus Terrier und Chihuahua den Heideggerschen Begriff des „Ins-All-Geworfen-Seins“ näher bringt: Wie kann der Planet verlassen werden und was ist dann zu erwarten?
Die Materialwissenschaftlerin Magdalena Klotz und Sterbehospizmitarbeiter Oliver Zillig besprechen, moderiert vom Ägyptologen Dr. Alexander Schütze, zyklische Ideen von Wirklichkeit. Recycling von Plastik und Reinkartion von Seelen werden dabei gegenübergestellt.
Optimierbare Reproduktionstechniken als weitere potentielle Möglichkeit das Ende zu vermeiden, Vererbung und Fortpflanzung von Menschen und Algorithmen in extraterrestrischen raumzeitlichen Dimensionen besprechen der Mathematiker Andrea Pontiggia und die Gynäkologin Dr. Susanna Delfrati.
Wie man sich als Gesellschaft der Überlebenden organisiert und den Müll im Viertel in den Griff bekommt, zeigt der Futurologische Kongress – abgehalten von Mitgliedern des Unterausschusses Kultur, Jugend und Soziales vom Bezirksausschuss 02, Ludwigvorstadt-Isarvorstadt (Beate Bidjanbeg, Christian Modrow, Hannelore Rohrbach). Luzia krabbelt zwischen den Beinen von Tischen und Stadtteilpolitiker*innen umher.
Abgeschlossen wird der Kurs durch Violinistin Ronia Sophie Putz, die vier Sätze der „Bilderkette aus der Vergangenheit” von Arsen Babajanyan für Charlotte Diedrich im Bademantel spielt.

Judith Neunhäuserer und Federico Delfrati
A bar at the end of the universe, 2021
Installationsansicht 1
© Judith Neunhäuserer und Federico Delfrati

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