Johanna Schelle

Gegenüber – Skulpturen

13.12.2018 – 09.02.2019

Johanna Schelle
o.T., 2018
Lindenholz, Acryl
H 100 cm
copyright: Asja Schubert

Mit der Ausstellung von Johanna Schelle (geb. 1984 in Berchtesgaden) betritt die Galerie mit der Präsentation von Skulptur in gewisser Weise Neuland. Studiert und diplomiert an der Münchner Akademie der Bildenden Künste bei Nikolaus Gerhard, Katrin Brack und Hermann Pitz, widmet sich die junge Autorin einem Genre, das – angesichts den multimedialen Visionen der Gegenwart – eher ungewöhnlich erscheint: der Holzfigur. Schelle beschreitet einen Weg, der sich an expressive Realismusinterpretationen anschließt. Solche Tendenzen werden etwa von Balkenhol, von Baselitz, und insbesondere der aktuellen Grödner Schule vertreten. Schelle befindet sich also in bester Gesellschaft, wenn sie den Fokus auf die menschliche Gestalt, bevorzugt der weiblichen Gestalt
allein legt. Sie isoliert das Thema, irritiert durch den Größenwechsel, durch die Platzierung ihrer Objekte im Raum. Überhaupt spielt dieser eine entscheidende Rolle bei der Wahrnehmung ihrer Werke. Leere, Umfeld, räumliche Situation sprechen mit. Die Figur tritt uns allein gegenüber, daher auch der Titel. Sie wirkt entrückt und doch real. Sie besitzt eine Aura, eine eigene Potenz, die in den Umraum ausstrahlt, die sich im fiktiven Zwiegespräch mit den Betrachtenden niederschlägt. Sparsam, vorsichtig und sensibel nimmt Schelle Einfluss. Die Figuren sind konkretisiert, ohne Überladung, ohne irgendwelche Assecoires oder Hinweise auf eine Erzählung. Sie repräsentieren sich selbst ebenso wie alle, die Menschheit an sich. Ihr Blick richtet sich in ein Irgendwo. Gedankenverloren stehen sie da, beängstigend greifbar, dinghaft und doch von einer anderen Welt. Diese metaphorische Behandlung von Figur – denn sie besitzt ja eine existentielle, eine philosophische Note und Qualität – entwickelt eine Meta-Ebene. Die Skulptur beinhaltet also ihre reale, ihre irreale, sowie eine Verweisfunktion. Geschickt verschmilzt die Künstlerin diese Kategorien in Erscheinung und Positionierung.
Wir wollen an dieser Stelle nicht auf Tradition und kunsthistorische Vorgeschichte hinweisen, aber doch zumindest festhalten, dass dieses kulturelle Gepäck im Hintergrund natürlich mit reflektiert wird. Erstaunlicherweise besteht trotz Cyberspace, trotz Grenzüberschreitung und Gattungs- sprüngen, trotz Diskussion von diversen technologischen Exkursen in der Kunst nach wie vor das Bedürfnis nach einer klaren Bildsprache, einer augenscheinlichen Aussage, obgleich auch Schelle das Schweben, die Zwischentöne mit einflicht. So binden sich ihre Figuren an Vergangenheit und Gegenwart und vermögen es, uns stets zu überraschen.